Über die eigenen Verhältnisse leben Teil 2

 

Vor ein paar Wochen schrieb ich darüber, dass es sich mit dem persönlichen Finanzhaushalt ähnlich verhalte wie mit dem eigenen Kräftehaushalt. Es endet ungut, wenn man über seine Verhältnisse lebt. Das trifft sowohl auf die finanziellen als auch die kräftemäßigen Belange zu. Dabei sind die Fragen nach dem Haben, den täglichen oder regelmäßigen Ausgaben und den Einnahmen zu berücksichtigen.

Ein Aspekt, den ich noch nicht beleuchtet habe, der jedoch in keiner Finanzplanung zu unterschätzen ist, ist das Zurücklegen und das Sparen.

Was würde das für unseren psychischen Kräftehaushalt bedeuten?

Es wäre eine sehr unpopuläre und unmoderne Haltung: Nämlich die, den Alltag so zu gestalten, dass man nicht jeden Tag am Ende seiner Kräfte ist. Es würde bedeuten, nicht jeden Tag 120% zu geben, sondern vielleicht nur 80%. Es würde bedeuten, nicht jeden Tag am Rande des Abgrunds zu tänzeln, sondern zu schauen, wo man Abstriche machen kann.

Die Ansprüche sind mitunter extrem hoch. Muss das immer so sein? Nein, es liegt in unserer Hand, inwieweit wir bei den gesellschaftlichen Erwartungen mitmachen. Geht es nicht auch eine Nummer kleiner? Könnten wir uns nicht in Bescheidenheit üben? Uns mit weniger zufrieden geben?

Die allgemeine Haltung heutzutage ist, sich ständig und überall optimieren zu müssen. Das Beste aus sich, aus dem Tag, aus dem Leben herausholen. Mehr und immer mehr zu erreichen.

Warum nicht Stopp sagen? Innehalten? Wieder in einen spielerischen, leichten und zielfreien Modus einsteigen, bei dem es genau nicht darum geht die Kompetenz zu steigern oder in Konkurrenz zu gehen und als der Überlegene zu gelten.

Es würde bedeuten, eben nicht alles zu geben, sondern sorgsam Kräfte aufzusparen. Damit man am Ende des Tages nicht nervlich und kräftemäßig am Boden liegt, sondern im Gegenteil noch Kräfte übrig hat.

Jedoch: Wer kann das aushalten? Sich am Abend einzugestehen, ich hätte doch noch mehr tun können. Ich habe es aber nicht getan, um meine Kräfte zu schonen. Ich habe mich nicht bis auf den letzten Tropfen ausgequetscht wie eine Zitrone. Denn ich möchte für einen ausgeglichenen Kräftehaushalt sorgen, der nicht ständig droht zusammenzubrechen.

Ich habe Kräfte aufgespart.

Wie klingt das?