Die Frage nach dem Warum ist eine Frage, die die Menschen zu allen Zeiten schon immer umgetrieben hat.
Warum diese Hungersnot? Warum diese Pest? Warum diese Überschwemmung? Hatten die Menschen darauf keine Antwort, dann wurde Gott mit ins Spiel gebracht.
Gott als höhere Instanz bestraft die Menschen für ihr Fehlverhalten und belohnt sie für ihre Gottesgläubigkeit.
So hatten die Menschen zumindest zu einem gewissen Grad das Gefühl, das Schicksal durch Wohlverhalten günstig beeinflussen zu können, auch wenn es meistens nicht so klappte.
Die Frage nach dem Warum ist heute nicht weniger aktuell.
In der Therapie hat sie bei den Hilfesuchenden eine besondere Brisanz.
Warum nur habe ich diese Angsterkrankung?
Warum ist meine Frau gestorben?
Warum nur kann ich nicht wie alle anderen ticken?
Warum nur muss mir das immer wieder passieren?
Die Frage nach dem „Warum“ führt meistens in eine Sackgasse. Kann tatsächlich eine Antwort gefunden werden, dann bringt es einen meistens auch nicht weiter.
Nehmen wir das Beispiel mit der Angsterkrankung. Fragen wir nach dem „Warum“ kann man den Überlebenstrieb des Menschen, spezielle Kindheitsprägungen, neuronale Besonderheiten und aktuelle Belastungen ausfindig machen. Aber was ist damit gewonnen? Auch mit diesem Wissen ist die Angst trotzdem noch da.
Viel lohnenswerter ist es, nach dem „Wozu“ zu fragen.
Hier fragen wir nach dem Nutzen der Angst. Welchen Vorteil haben wir davon, diese Angst zu haben?
Fragen wir nach dem „Wozu“, eröffnet sich uns tatsächlich ein ganz neuer Horizont.
Angst kann dann als wichtiger Indikator betrachtet werden, der einem anzeigt, dass im Leben gerade etwas in die falsche Richtung läuft und wichtige Entwicklungsaufgaben nicht angenommen werden.
Angst kann helfen, am Status Quo festzuhalten, um eine schwierige Veränderung im Leben nicht in Angriff nehmen zu müssen. Die Angst hält einen davon ab, sich den Herausforderungen zu stellen, die man lieber meiden möchte.
So kann es z.B. sein, dass eine Frau lieber klein beigibt und ihre zentralen Interessen und Bedürfnisse in der Ehe nicht durchsetzt, aus Angst vor Liebesverlust. Sie kann eine Angsterkrankung entwickeln. Vielleicht traut sie sich nicht mehr aus dem Haus zu gehen.
Die Angst aus dem Haus zu gehen unterstützt die Frau dabei, sich klein und hilflos zu fühlen. In einer solchen Verfassung ist sie natürlich nicht in der Lage, ihren Mann zu stehen und eigene Interessen durchzusetzen.
Manchmal ist eine Angst auch dazu da, eine noch viel größere Angst nicht spüren zu müssen. Die Angst davor aus dem Haus zu gehen ist weniger bedrohlich als die Angst die Liebe des Partners oder der Gruppe zu verlieren.
Fragt man nach dem Wozu der Angst, dann kommen auch all die Vorteile zum Vorschein, die ein Angstkranker manchmal genießt. Das können besondere Aufmerksamkeit der Umwelt sein oder eine Schonhaltung.
„Weil ich so große Angst vor dem Autofahren habe, musst du mich überall hinfahren.“
„Weil ich jederzeit eine Angstattacke bekommen könnte, musst du ganz besonders rücksichtsvoll sein.“
„Weil ich so große Angst habe, musst du dich ganz besonders um mich kümmern.“
„Weil ich Angst davor habe, aus dem Haus zu gehen, musst du dich um alles kümmern.“
Wie Sie vielleicht sehen, ist es ein lohnender Schritt, nach dem „Wozu“ zu fragen. Aber es erfordert Mut und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Womöglich entdeckt man eigene Schwächen, mit denen man sich bisher noch nicht auseinandergesetzt hat.
In einer Therapie geht es immer auch darum, seine Schwächen anzunehmen und sich trotzdem wertzuschätzen.
Wenn das „Wozu“ Ihrer Beschwerden Sie interessiert, kontaktieren Sie mich gerne.